EMDR

EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing = Desensibilisierung und Neuverarbeitung über Augenbewegungen):

Richard Bandler: „Es ist unmöglich, sich zu ärgern, während man nur einen Tennisball von einer Hand in die andere wirft, und wenn man dabei an ein Problem denkt, dann löst es sich häufig auf oder es tauchen Lösungen im Kopf auf.“

EMDR wurde von der Therapeutin DR. Francine SHAPIRO entwickelt und 1995 erstmals in ihrem Buch veröffentlicht.

Das EMDR beruht auf der Annahme, dass bei gleichzeitiger bilateraler Stimulation des Gehirns einerseits und Traumaexposition andererseits eine effektive Traumabearbeitung möglich ist.

Entscheidend scheint dabei auch die doppelte Aufmerksamkeitsfokussierung, ein Zustand, in dem fragmentierte Erinnerungen verknüpft und somit lebendiger werden und gleichzeitig eine Distanzierung vom Geschehen stattfindet.

Der folgende Abschnitt ist ein Zitat aus einem Artikel über EMDR von Dagmar Eckers, erschienen in der Zeitschrift „Psychotherapeuten Forum“ des DPTV, Jahrgang 10, Heft Nr. 1/2003:

„EMDR ist eine Methode, bei der – vermutlich durch die bilaterale Stimulierung des Gehirns – vorher starre, durch extreme Belastungen „eingefrorene“ Erinnerungen in Bewegung geraten, samt den oft ebenso starren emotionalen Zuständen, Körperempfindungen und Selbstüberzeugungen in iher Belastung drastisch zurückgehen und hinsichtlich ihrer Bedeutung für das heutige Leben neu eingeordnet werden können. EMDR verknüpft die mit der traumatischen Situation verbundenen Wahrnehmungsbestandteile:

  • Die traumatische Situation
  • den schlimmsten Moment dieser Situation
  • die heute noch damit verbundene negative Selbstwahrnehmung /Kognition
  • die damit verbundenen Emotionen und
  • die damit verbundene Belastung, die spürbar wird in jetzt wahrnehmbaren Körperempfindungen

In der Anwendung ist EMDR nicht auf posttraumatische Belastungsstörungen im engeren Sinn eingeschränkt, sondern fokussiert auch auf Ängste, Depressionen, Phobien u.a. psychiatrisch definierte Störungsbilder, die auf traumatische Erlebnisse zurückgehen.“

In seiner ursprünglichen Form sah das Setting vor, dass der Klient mit seinen Augen den Bewegungen der Hand des Therapeuten folgt, während er gleichzeitig mit seiner Wahrnehmung auf einen speziellen inneren Fokus gerichtet ist. Da das Verfahren sich am Anfang ausschließlich der Augenbewegungen bediente, erhielt es den Namen EMDR.

Heute gibt es neben den klassischen Augenmustern noch differenziertere Bewegungen sowie auch auditive und kinästhetische Stimulationsformen. Zunächst erprobte sie EMDR an Bekannten und Kollegen und schließlich an den ersten Klienten. Danach folgten intensivste Studien speziell mit Traumapatienten, wie Vietnam -Veteranen, Mißbrauchsopfern und anderen Personen mit PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung). EMDR wirkt direkt auf die für Heilung wichtigen neuronalen Bahnungen im Gehirn und lässt sich mit jedem zur Zeit gültigen Therapiekonzept in Einklang bringen. Bekannt ist, dass normalerweise Erlebnisse vom Gehirn bearbeitet und abgespeichert und wenn nötig geheilt werden, so wie eine kleine Schnittwunde ganz von selbst im Laufe der Zeit verheilt. Ein starkes Trauma jedoch überfordert diese Verarbeitungsfähigkeiten. Die unterschiedlichsten Langzeitstudien mit EMDR weisen nach, dass dieses Verfahren schneller und besser wirkt, als sämtliche anderen bekannten Therapiekonzepte.

In den Studien wird viel Wert darauf gelegt, ehemalige Klienten nach längeren Zeiträumen erneut zu befragen. Und die Ergebnisse sind mehr als zufriedenstellend. Insbesondere, weil der Therapieerfolg innerhalb weniger Sitzungen erreicht wird.

Die Methode ist u.a. von der American Psychological Association (APA) und der International Society for Traumatic Stress Studies (ISTSS) als effektiv anerkannt. Dennoch ist EMDR kein Wundermittel, und es darf nur von einem Therapeuten durchgeführt werden, der qualifiziert in EMDR ausgebildet ist und generell über fundierte therapeutische Erfahrung verfügt.

„Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie etwas tut, was sie selbst tun könnten.“
(Abraham Lincoln)

Wie ist der therapeutische Ablauf?

EMDR – ein standardisiertes, manualisiertes Vorgehen in sieben Phasen:

  • Anamnese und Indikationsstellung
  • Stabilisierung
  • Bewertung des Traumas
  • Prozessieren – die Trauma-Exposition mit bilateraler Stimulierung
  • Verankerung einer positiven Kognition
  • Körpertest
  • Abschluss und Katamnese (= Abschlussdokumentation)

Die sieben Phasen können durchaus eine mehrere Jahre dauernde Therapie umfassen bzw. in diese eingebettet sein. Einen großen Raum wird vor allem bei sexueller Traumatisierung oder Traumatisierung nach Mordfällen die Phase 2 – Stabilisierung – einnehmen. Insofern widersprachen vor allem Lona Rothe-Jokisch und Günter Obijon der Auffassung, das EMDR sei eine schnelle Methode, mit der man in wenigen Sitzungen kumulative Traumen „wegzaubern“ könnte. Als kurzfristige Methode ist EMDR wohl eher bei Monotraumen, wie z.B. Unfällen anwendbar.

Schritte der Phase 4 (EMDR) – Prozessieren:

  1. Ein repräsentatives Bild für das Trauma finden
    („Was ist das Schlimmste?“)
  2. Eine negative Kognition ausfindig machen, eine negative Überzeugung über sich selbst, die als Folge des Traumas entstanden ist
  3. Dagegen eine positive, neu zu findende Kognition setzen
  4. Der Grad der Überzeugung hinsichtlich der positiven Kognition wird eingeschätzt
  5. Die zentrale Emotion, d.h. die Emotion, die mit dem schlimmsten Bild verknüpft ist, zusammen mit der negativen Kognition vergegenwärtigen
  6. Die subjektive Belastung durch das Ereignis einschätzen
  7. Welche Körperempfindungen habe ich beim Vorstellen des Bildes / der negativen Kognition?
  8. Prozessieren: Therapeut und Klient sitzen so beieinander, dass der Therapeut bequem eine bilaterale Stimulation ausüben kann. Diese muss nicht visuell erfolgen, es gibt verschiedene Möglichkeiten:
    • Augenbewegungen
    • Töne in den Ohren abwechseln
    • Vibration in den Händen
    • abwechselnd auf die Beine / Handrücken o.ä. klopfen (= „tapping“)

      Die Stimulation erfolgt ca. 2-3 Minuten lang (etwa 25 – 30 Stimulationen). Der Therapeut beendet dieses Set und fragt den Klienten kurz, ob sich etwas verändert hat bzw. was jetzt ist.

      Die Gesprächsführung soll zwischen den Sets nicht vertiefend sein, um das Prozessieren nicht zu stören, sondern nur kurz nachfragen. Dann wird mit dem, was gerade ist (ein Bild aus dem Traumaereignis, ein Gefühl, eine Körperempfindung oder was immer sich beim Klienten eingestellt hat), das nächste Set begonnen.

      Abgebrochen wird erst, wenn sich kaum mehr eine Veränderung ergibt bzw. sich die Inhalte mehrmals wiederholen. So werden eine nach der anderen die verschiedenen Assoziationsketten, die mit dem traumatischen Ereignis verknüpft sind, „abgearbeitet“, bis die Erregung deutlich zurückgegangen ist.

Die positive Kognition (Phase 5) wird auf ähnliche Weise, also ebenfalls mit Hilfe bilateraler Stimulation verankert.